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20 Jahre Mauerfall

Verfasst: 10.11.2009, 17:29
von maadien
Gestern war ja der 20. Jahrestag des Mauerfalls.
Was verbindet ihr mit dem Datum? Was habt ihr ggf. da erlebt?
Seht ihr das positiv oder eher kritisch an?

(Gerne darf nochmal das hierhin was in der shoutbox steht - damit dies nicht verloren geht ;-) )

Re: 20 Jahre Mauerfall

Verfasst: 10.11.2009, 20:19
von Coffings
Am 13.11.89 war ich das erste Mal drüben. Grenzübergang Sonnenallee nach Kreuzberg rüber - Unvergesslich.

Wir hatten damals sowieso eine Fahrt nach Berlin geplant, die Fahrkarten mit FDGB Ermäßigung hatten wir schon vor dem 9.11. :wink:

Was das Thema in der Shoutbox betrifft: Vom 3. Oktober halte ich auch nicht viel. Der 9.11. sollte der eigentliche Feiertag sein.

Re: 20 Jahre Mauerfall

Verfasst: 10.11.2009, 20:36
von maadien
Der 3. Oktober ist eben der Tag der vereinigung beider Staaten.
Obwohl ich ja auch den 9.11 besser heiße.
Aber er hat auch schon en bisschen Dreck am stecken, was eben schon sicherlich von außen komisch aufgenommen werden könnte.

Re: 20 Jahre Mauerfall

Verfasst: 11.11.2009, 16:04
von Milhouse
Was ich am 9. November erlebt habe, weiß ich heute gar nicht mehr. Die Mitteilung Schabowskis habe ich jedenfalls nicht mitbekommen und auch nicht das, was dann in der Nacht geschah. Erstens war ich da gerade erst zwölf Jahre alt und schlief in der Nacht, und zweitens liegt Chemnitz, das damals noch Karl-Marx-Stadt hieß, ja nun nicht gerade an der Basis der Geschehnisse. Im Frühstücksfernsehen von SAT.1 sah ich dann am nächsten Morgen, kurz bevor ich zur Schule ging, die ersten Bilder, wie die Menschen am Vorabend auf der Mauer tanzten. Ich war damals zwar noch sehr jung, aber ich hab mich gefreut wie sonstwas. In der Schule war die Grenzöffnung natürlich auch das Thema schlechthin. Die Lehrer hatten es schwer überhaupt noch ordentlichen Unterricht abzuhalten, zum Teil waren sie ja selber völlig durch den Wind.

Am 18. November ging's dann sehr zeitig, es war noch dunkel, mit der Reichsbahn vom Karl-Marx-Städter Hauptbahnhof rüber nach Hof. Hinzu hatten wir Sitzplätze, zum Glück, denn der Zug füllte sich von Station zu Station bis zum Erbrechen. Die Schaffner hatten ab Zwickau aufgegeben die Fahrscheine zu kontrollieren. An das erste, an das ich mich erinnere, ist, dass mir jemand eine Tüte Haribo Goldbären schenkte. Schnell die Hundert Mark pro Nase Begrüßungsgeld abgeholt und mit den am Vortag eingetauschten 20 Mark pro Nase ging's dann mit 480 Mark in der Tasche ab zum Shoppen. Im Schlecker habe ich mir einen kleinen VW Käfer gekauft, der die Farbe wechselte, wenn man ihn unter heißes Wasser hielt. Der Rest wurde irgendwie verfuttert und anderweitig ausgegeben. Ich habe einen Rucksack bekommen, der mich noch bis zur Berufsschule begleitete.

Auf dem Hofer Hauptbahnhof kaufte ich mir zwei „Clever-&-Smart“-Comics, die ich dann auf der Heimreise las. Fast die ganze Fahrt über musste ich stehen. Zu Hause angekommen, es war inzwischen mitten in der Nacht, war ich dann fix und alle. Am Montag hatte ich in der Schule 'nen Riesenärger erwartet, denn der 18. November war ein Samstag und das war bei uns ein regulärer Schultag. Der fiel aber aus, denn ich war wohl nicht der einzigste, der gefehlt hatte. Als dann in den Folgewochen auch jeweils samstags die Mitschüler fehlten, wurde dann der Samstag als Schultag schlussendlich auch abgeschafft.

Re: 20 Jahre Mauerfall

Verfasst: 12.11.2009, 00:00
von hendrik
ok...ich werd mal versuchen meine erlebnisse zu schildern...

der 9. november 1989 war für mich anfänglich ein tag wie jeder andere arbeitstag...zu dem zeitpunkt war ich 17 jahre alt und im 2 lehrjahr zum maler/lackierer...
am abend im tv sah ich gewöhnlich die nachrichten und bekam diese ominöse pressekonferenz nur halb mit...gut,es ging um irgendwelche reiseregelungen und sonstiges blabla...mit der zeit hörte man da eh nicht mehr so genau hin...
das land war in einer aufbruchstimmung und es gab ja jeden tag neue meldungen über die veränderungen im land und die ausreisewelle über drittländer wie ungarn,der tschechoslowakei oder polen...
im verlaufe des abends hörte ich wie gewöhnlich radio (meist SFB 2 oder RIAS 2) und beschäftigte mich mit allerlei dingen und ging so gegen halb um 10 zu bett,so das mir erstmal nicht die tragweite des ganzen bewusst wurde...

erst am nächsten morgen auf der baustelle wurde uns erst richtig klar,worum es ging...
unsere auftraggeber (eine familie,deren haus wir renovierten) schüttelte uns morgens die hand,drückte meinem gesellen und mir jeweils 10 westmark in die hand...sagte,wir sollen uns doch ausm kühlschrank bedienen,brötchen stehen auf dem tisch und verabschiedeten sich mit den worten "wir fahren jetzt erstmal in den westen zu unseren verwandten"...
wir schauten uns bedeppert an und erst da dämmerte uns,welch tragweite dieser eine satz auf der pressekonferenz hatte...

am samstag gings dann mit den kumpels los zur volkspolizeidienststelle,um das visum zu beantragen...nicht das wir dann vor der grenze stehen und nicht rüber kommen,bloß weil uns eventuell ein stempel fehlt...sicher ist sicher...
gesagt getan...gute 4 stunden angestanden und als ich an der reihe war,stand da ein polizist aus dem nachbarhaus vor mir,der noch nie gut auf mich zu sprechen war und verweigerte mir den stempel im ausweis mit der begründung,ich seie noch nicht volljährig und ich müsse doch einen erziehungsberechtigten oder dessen ausweis mitbringen...
verdammt!...das war seine rache...mit diesem kerl hatte ich schon öfters einige auseinandersetzungen,nur weil meine kumpels und ich nicht dem erscheinungsbild eines "vernünftigen" ddr-bürgers entsprachen...als depeche mode-fan fiel man damals halt auf und entsprach eben nicht der norm...hmm...was nun tun??...

am sonntag also nochmal hin...diesmal aber zusammen mit dem ausweis meiner mutter...
hendrik natürlich nicht dumm,um nicht nochmal 4 stunden anzustehen,gleich vor und dem einlassenden "genossen" an der tür gesagt,das ich gestern schonmal da war und mir gesagt wurde,ich solle mich gleich am einlass melden... :lol:
ohne murren durfte ich rein und hatte innerhalb von 5 minuten die heiß ersehnten visa... :ballett:

am montag und dienstag hatte ich berufschule...urlaub war also nicht möglich...aber am mittwoch wäre ein idealer tag...
montag also im betrieb angerufen und gefragt,ob es möglich wäre...
mit leicht verschmitzter stimme fragte mich der meister "kommste denn wieder?"... :lol:
"selbstverständlich!" sagte ich und er gab mir das ok...

dienstag abend war der große tag gekommen...mit dem letzten nahverkehrszug gings nach bitterfeld und von dort aus mit dem letzten d-zug nach berlin...
gegen 4 uhr in berlin-schönefeld angekommen und von dort aus mit der s-bahn weiter zum übergang friedrichstraße...
dort passkontrolle -zum glück mit visa im ausweiß...
auf dem bahnsteig dann die frage "sind wir schon im westen oder nicht?"...irgendwie sah das immer noch nach osten aus... :lol:
weiter gings dann mit der s-bahn und je länger wir fuhren,umso mehr spürten wir,jetzt sind wir wirklich im westen berlins...

am zoologischer garten erstmal raus und das nächste telefon gesucht...zettel aus der tasche und die nummer angerufen,welche mir meine oma aufgeschrieben hatte...
am anderen ende der leitung meldete sich mein onkel und der fragte mich nach kurzer erläuterung,das ich mich in westberlin befinde,wo er mich treffen könne...
das wiedersehen war großartig und wir feierten dieses freudige ereignis...diesmal war ich es aber,der die verwandtschaft in ihrer stadt besuchte...das hätte keiner je für möglich gehalten...
spätabends gings wieder nach hause und die nacht war recht kurz,da ich am nächsten tag ja wieder pünktlich auf arbeit sein wollte... :wink:

im verlaufe der nächsten wochen fuhr ich noch mehrere male nach berlin,so das mein ausweis mittlerweile mit grenzstempel voll war... :lol:
es gab immer noch so vieles zu sehen und mein größter wunsch sollte nun auch endlich in erfüllung gehen - einmal an der siegessäule stehen und unter dem brandenburger tor entlang gehen...vorher konnte man beides ja nur aus der ferne betrachten...

es war schon eine echt geile und vor allem emotionale zeit...wer das miterlebt hat,wird sich wohl ewig daran erinnern...

Re: 20 Jahre Mauerfall

Verfasst: 12.11.2009, 08:48
von maadien
Danke für eure Berichte.
Schön sowas zu lesen.
Ich hab davon ja nicht gerade viel Mitbekommen, so mit ein paar Monaten gerade mal ^^
Was meine Eltern aber meinten, das in der folgenden Zeit hier plötzlich dann halt Trabbis zu sehen gewesen waren, was vorher so gut wie undenkbar war.
Nur die Zeit der Trabbis ist heute ja eh fast vorbei, aber hin und wieder verirrt sich auch mal einer in die Eifel.

Aber ich denke man kann froh sein, dass diese Zeit vorbei ist, in denen es 2 deutsche Staaten gab, und im einem die Leute sehr unter der Staatsmacht litten.

Re: 20 Jahre Mauerfall

Verfasst: 12.11.2009, 14:17
von Milhouse
Apropos West-Berlin: Ich weiß noch eine kleine Geschichte über meinen ersten Besuch von der anderen Hälfte der Stadt, in der ich im Ost-Teil eine Zeit lang meine Kindheit verbrachte.

Meine Tante und mein Onkel haben sich damals immer gern in Caputh (bei Potsdam) einen Bungalow gemietet. Sporadisch fuhren dorthin auch meine Großeltern mit. Eines Abends klingelte es bei uns. Unten, vor der Haustür unseres Elfgeschossers im Plattenbauweise, stand mein Großvater und wollte mich übers Wochenende in besagtes Caputh mitnehmen. Im Hinterkopf hatten sie selbstverständlich auch einen Abstecher nach West-Berlin. Nach langem Zögern stimmte meine Mutter zu, denn sie hatte Angst um mich, ich könnte dort ja verloren gehen. Im Prinzip hatte meine Mutter immer Angst, wenn es um den Westen ging. Ich weiß noch, wie wir mal auf einem Ostberliner S-Bahnhof standen, der wohl sehr nah an der Mauer gelegen war (evtl. Friedrichsstraße? - Durfte man da einfach so rein? Der war doch 'ne Art Grenzübergang, oder?) und sie sagte, ich solle nicht „da rüber“ schauen, sonst würden sie mich wohl wegsperren. Als es dann endlich am Samstag nach West-Berlin gehen sollte, fiel denen dann plötzlich ein, dass ich als Minderjähriger doch eigentlich, abgesehen von meinem Pionierausweis, gar keine Papiere habe. Ich war nur im Personalausweis meiner Eltern eingetragen, aber nicht bei den Großeltern und schon gar nicht bei Onkel und Tante, die aber zwei Söhne hatten, von denen der ältere nicht mit nach Caputh mitgekommen war. Er war bereits volljährig und war nicht mitgekommen. Also probierten wir, mich als älteren Bruder meines Cousins auszugeben und über die Grenze „schmuggeln“. Wir stiegen in einen Doppeldecker-Bus der BVG, der in Potsdam abgeparkt war und es ging ab Richtung West-Berlin. Meine Nervosität stieg an. Denn was würde wohl passieren, wenn man merkte, dass ich noch keine 18 bin und somit unmöglich der Sohn meines Onkels sein konnte? Die Grenzer warfen aber nur einen flüchtigen Blick in die Papiere meines Onkels und so waren wir fluchs irgendwo in West-Berlin. Schließlich schauten wir uns auch den Ku-Damm an, gingen zum Brandenburger Tor (wo man damals leider nicht durchgehen konnte, weil Restaurationsarbeiten durchgeführt wurden) und landeten sogar irgendwie auf dem Alex in Ost-Berlin. Abends ging's dann mit der S-Bahn wieder zurück nach Potsdam, wobei der kürzeste Weg über West-Berlin war. Also war ich plötzlich wieder 18. Doch diesmal schauten der Grenzer genauer hin, lächelte nur und schickte uns weiter. Was mich aber damals wunderte, dass die West-S-Bahn-Züge aber auch überhaupt kein bisschen anders aussahen, als die aus dem Osten. Sie rochen auch nicht anders, aber sie waren dreckiger und überall waren Tags aufgeschmiert.
hendrik hat geschrieben:es war schon eine echt geile und vor allem emotionale zeit...wer das miterlebt hat,wird sich wohl ewig daran erinnern...
Das kann ich nur bestätigen.

Re: 20 Jahre Mauerfall

Verfasst: 12.11.2009, 14:40
von hendrik
Milhouse hat geschrieben:Ich weiß noch, wie wir mal auf einem Ostberliner S-Bahnhof standen, der wohl sehr nah an der Mauer gelegen war (evtl. Friedrichsstraße? - Durfte man da einfach so rein? Der war doch 'ne Art Grenzübergang, oder?)...
kann gut möglich sein,das es friedrichstraße war...
wir stiegen damals dort im ostteil aus...die treppen runter...durch die passkontrolle und den zoll und danach wieder hoch zum bahnsteig west...
wenn ich mich recht erinnere war es ein und das selbe gebäude...scheinbar nur in der mitte getrennt...
deswegen auch meine damaligen zweifel...
..."sind wir schon im westen oder nicht?"...irgendwie sah das immer noch nach osten aus...
gut möglich,das diese bahnen sogar grenzüberschreitend fuhren...
wenn ich es recht in erinnerung hab gehörte doch das gesamte schienennetz berlins -trotz teilung- der deutschen reichsbahn...

Re: 20 Jahre Mauerfall

Verfasst: 12.11.2009, 17:12
von Milhouse
hendrik hat geschrieben:die treppen runter...durch die passkontrolle und den zoll und danach wieder hoch zum bahnsteig west...
Jetzt klingelt's bei mir. Den selben Bahnhof haben wir dann wohl Anfang 1990 auch benutzt, um von Ost-Berlin via West-Berlin wieder nach Potsdam bzw. Caputh zu kommen.

Re: 20 Jahre Mauerfall

Verfasst: 12.11.2009, 19:41
von hendrik
in caputh hatten wir übrigens vom betrieb aus nen bungalow...
der musste jährlich hergerichtet werden und wie es kommen sollte,durfte ich als lehrling mit dorthin...war die woche nach ostern 1990...
natürlich haben wir es uns nicht nehmen lassen,einen tag über potsdam nach westberlin rein zu fahren und nen bummel zu machen...
dafür haben wir extra abends länger gemacht und die zeit rausgeholt... :wink: